Etappe 6: Bannalp - Grafenort


Treffpunkt und Zeit: 8.45 Uhr an der Talstation der Luftseilbahn Fell-Chrüzhütte, Oberrickenbach

Route: Bannalp-Walegg-Brunniswald-Fang-Eschlen-Grafenort

Höhenmeter: 500 aufwärts, 1500 abwärts
Distanz: 13 km
Marschzeit: 5 Std
Schwierigkeit: T2 

 
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Es ist der dominant in den Himmel ragende Zahn der Bannalp, der unser Wandergrüppchen mit Rita, Ruedi und Hans heute begrüsst. Schon bei der Bergstation der Luftseilbahn Fell-Chrüzhütte erzählt uns Hans von seiner Skitour auf den Chaiserstuhl. Hans ist wohl unser ältester Begleiter auf der Grenzwanderung. Mit seinen achtzig Lenzen kann er uns von einigen Bergerlebnissen in dieser Gegend erzählen. Und er meint auch, wenn er mit seiner Wandergruppe unterwegs sei, da starte man immer nach dem Motto KAGI. Beim Restaurant Urnerstaffel lüftet sich auch das Geheimnis, welches hinter dieser Abkürzung steckt. Den KAffee und das GIpfli geniessen wir gerne und dann geht’s los.

Entlang des Walenpfades steigen wir hoch, die Bannalp ist ein wahres Kleinod. Im See spiegeln sich die Kulisse der Tannenzacken und das Spiel der Wolken. Das muntere Treiben im Spiegelbild des Sees lässt auch uns munter hochsteigen zur Oberalp, wo auch mein wohl treuester Begleiter der Grenzwanderung schon auf uns wartet: der Nebel. Husch noch gönnt er uns einen Blick auf die der Felswand entlang ziehenden Ziegen. Es sind spezielle Ziegen, Pfauenziegen, sie gehören zu der Bio-Alp Oberfeld, auf der Rita und Sepp Waser einzigartige Köstlichkeiten produzieren. Noch einige Alpkäsereien werden wir heute und auch morgen antreffen, und morgen möchte ich dann genau zu diesem Thema etwas schreiben.

Jetzt hat uns der Nebel ganz eingepackt, wir sind froh um den guten Weg, der uns sicher zum Walegg bringt. Nebel- und Schweisstropfen netzen uns gleichzeitig, und gross ist die Freude, als hinter dem Walegg sich langsam der Nebel lichtet. Der Ausblick ist grandios und lässt uns staunen. Ab der der Walenalp wird das Gelände unwegsamer, und der weiche, mit Moos überwachsene Baumstrunk lädt uns ein zur Mittagsrast. Über Stock und Stein, über Alpweiden und Schilterwege steigen wir dem Brunniswald entgegen. Auch Hans steigt wacker mit. Kein wirklicher Weg zieht entlang der Kantonsgrenze, und wir werden vom Gelände gefordert. Mal sind es Felsbänder, die uns zu einem kleinen Umweg zwingen, dann sind es moorige, sumpfige Wiesen, bald sind die Schuhe auch innen voll von Matsch.

Hier auf dem Weg über das Fang zur Eschlenflue wird sichtbar, wie eigenartig die Grenzen manchmal verlaufen. Mal zeichnet sie da eine Ecke, mal grenzt sie dort einen Spickel Land vom Nachbarkanton ab. Schlüssig erscheint uns der Verlauf dieser Grenzlinie nicht; es wäre spannend zu wissen, wie genau diese Linien entstanden sind. Vermutlich haben hier die Eigentumsverhältnisse der Klosterbesitztümer massgeblich zum Grenzverlauf beigetragen.

Die Grenze zwingt uns, manchmal Höhenmeter zu vertilgen, um dann auf der anderen Wiesenseite wieder aufzusteigen. Nicht selten ist das Gebiet ungemein gut eingezäunt, so dass wir uns üben: im Zäune-Übersteigen und im Unten-Durchkriechen. Einer der dies mit Ausdauer und Eleganz mitmacht ist unser Hans.  Da, schon fliegen seine Wanderstöcke wieder über den "Hag", und er robbt mit seinen achtzig Lenzen geschickt unter dem Stacheldraht durch. Während einer Pause am Wegesrand, teile ich ihm mit, wie ich über seine Beweglichkeit und seine Ausdauer staune. Ob der Weg ihn nicht an seine Grenzen bringe und wie er es schaffe, mit seinem pensionären Alter noch so fit zu sein? Da meint er mit einem über das Gesicht huschenden Lachen trocken in seinem Berndeutsch: "Wenn im Auter no ebbis wotsch chönnä mache, de muesch im ganze Läbe öbbis derfür da ha.“ Dieser Satz begleitet mich auf dem ganzen Abstieg und viele Zäune sind noch zu überwinden, bis wir durch den Eschlenwald um den Haslidössen in die Alzellerberge gelangen.

Ja, die Aussage mag mich überzeugen. Wenn wir mit achtzig noch in der Lage sein wollen zu gehen, müssen wir uns im ganzen Leben körperlich bewegen. Bewegung ist sozusagen eine Investition ins Leben. Wenn wir mit achtzig noch beweglich im Geist sein wollen, dann müssen wir uns auch im Alltag fit halten. Klar gibt es keine Garantie, aber körperliche und geistige Bewegung sind gewiss vielversprechende Wege, wie uns viele Beispiele zeigen.

Begegnen wir dieser Investition in die Zukunft nicht immer wieder in unserem politischen Alltag? Ja, ganz bestimmt. Unsere Gesellschaft und unsere Umwelt verändern sich unaufhaltsam. So kann zum Beispiel ein Schutzwald nur seinen Zweck erfüllen, wenn auch frühzeitig in diese Aufgabe investiert wird. Gesundheitsverständnis und Eigenverantwortung können nur erreicht werden, wenn auch die Gesundheitskompetenz frühzeitig gefördert wird. Auch Sicherheit, sei es auf der Strasse oder in der Gesellschaft, ist nicht einfach gegeben. Es braucht ständigen Einsatz.

Sollen die partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Politik und Wirtschaft leben, so müssen zukunftsgerichtete Projekte gefördert werden. Wollen wir, dass das Vertrauen zwischen Bevölkerung und Politik nicht schwindet, so müssen wir täglich etwas dazu beitragen. Unsere Aufgabe: Beständig investieren, und zwar in die Potenziale unserer Zukunft.