Etappe 15: Lopper - Unterlauelen


Treffpunkt und Zeit: 7.00 Uhr am Achereggparkplatz, ich freue mich!

Route: Lopper-Renggpass-Steiglihorn-Pilatus-Tomlishorn-Gämschmättli-Hörnli-Bründle-Unterlauelen

Höhenmeter: 1850 aufwärts, 1150 abwärts
Distanz: 15 km
Marschzeit: 7.5 Std
Schwierigkeit: T4 

 
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Es ist grau und trüb, die Wolken hängen tief. Die Kargheit der Betonlandschaft unter dem Acheregg untermalt diesen düsteren Morgen. Doch wir sind hoffnungsvoll und glauben daran: Das Wetter wird besser werden, es regnet ja schon nicht mehr.

Nun, es kommt anders. Schon bald trüben die Wolken noch mehr ein, der Nebel schleicht sich zwischen die Bäume und die Regentropfen fallen wieder. Mit jedem Schritt auf dem Zickzackweg zum Renggpass und weiter zum Chrummehorn schwindet ein bisschen Zuversicht, dass wir die Route über die Ostwand zum Pilatus tatsächlich machen können – dabei haben wir diese Etappe so ersehnt.

Bei der Tellenfadlücke fällen wir die Entscheidung. Es fällt uns nicht leicht. Als wir die Tour planten, war es gerade dieser Aufstieg, der uns besonders reizvoll erschien und uns angezogen hat. Wir sprachen mit versierten Pilatussteigern über diese Route, wie gluschtig hat das uns gemacht.

Doch der heutige Tag ist nicht der Tag für die Ostwand. Zu heikel ist der Aufstieg über das nasse glitschige Gras und den speckigen Felsen. Eliane und Sandra sind nicht unglücklich, denn so haben sie auf ihrer geplanten Route über Ämsigen-Galtigen-Chilestei Begleitung. Sie haben sich schon vorher entschieden, den Gipfel über diesen Weg anzupeilen. Mit heissem Tee schlucke ich die Enttäuschung herunter und stelle mich auf die neue Route ein. Regentropfen kullern uns allen über die Stirn. Nach dem Znünihalt marschieren wir weiter.

Bereits der Aufstieg bis zur Tellifadlücke ist ein wunderbares Erlebnis. Abwechslungsreich und steil, geradezu märchenhaft zieht der Weg durch den Renggwald, dann den Haslewald. Mein Blick dringt immer wieder durch den lichten Baumbestand ins Tal. Der Talboden, das Engelbergertal, spienzelt mir durch den Nebel entgegen und in Gedanken eröffnet sich mir der Dorfplatz Stans vor dem Auge. Eben jetzt haben sich dort wohl viele Leute versammelt. Ein Bundesrat ist auf Besuch. Alain Berset. Pro Senectute feiert ihren 100-jährigen Geburtstag. Während im Tal das Thema Alter diesen Morgen prägt, wandere ich mit vorwiegend jungen Erwachsenen am Pilatus. Geografisch sind sie heute weit von einender entfernt, die einen dort unten, die anderen da oben. Doch im Thema sind sie eng verbunden.

Und zwar durch die Rentenreform. Denn Eliane, Sandra, Martina und Andi haben alle Jahrgänge, die von der Altersreform massgebend betroffen sind. Während auf dem Dorfplatz wahrscheinlich die Rentnerinnen und Rentner im Mittelpunkt stehen, sind Andreas, Urs und ich eher die Übergangsgeneration, sozusagen der Schinken im Sandwich.

Im Gespräch mit den Jungen spürt man schon sehr schnell, dass das Thema bewegt. Aber trotz der vielen Anknüpfungspunkte scheint dieses Thema nicht so richtig fassbar zu sein. Andi meint, irgendwie verliert da jeder oder vielleicht gewinnt auch jeder. Er wisse auch nicht so recht. Die Reform habe so unterschiedliche Facetten und die Diskussion sei nicht einfach.

Und schon meint eine andere junge Stimme, eigentlich haben wir Jungen schon immer die Rente finanziert, jetzt bezahlen wir ein bisschen mehr, aber das kommt ja dann auch uns zugute, ich bin einfach gespannt, ob es in diesem Topf noch ein paar Fränklein für uns hat, wenn ich dann so alt bin. Und weiter: Aber Profiteur bei dieser Reform seid vor allem ihr als Schinken im Sandwich. Euch ist eine AHV garantiert und dann bekommt ihr als Sackgeld noch die 70 Franken. Das wiederum ruft dann doch den Sechziger zur Erklärung, dass diese 70 Franken ja auch durch seine AHV-Beiträge finanziert werden. Und er somit seinen Teil zur Reform beitrage, auch wenn dieser Beitrag wohl ein bisschen weniger weh tue als die Beiträge der Jungen und der Rentner, das gebe er natürlich zu.

Im ganzen Hin und Her lautet die Meinung plötzlich: Ach, lassen wir das Ganze doch einfach, das ändert und bringt doch gar nichts. Diese Reform, die ist ja schon überholt, bevor sie angefangen hat.

Irgendwie bringt mich die Diskussion und der vermeintliche Schusssatz zum Schmunzeln. Ja, die Reform ist eine Herausforderung. Sie lässt einen nicht klar durchblicken, es ist nicht ganz klar, was auf uns jeden zu kommt. Wer genau ist das Bödeli, der Deckel oder der Schinken in diesem Sandwich? Ist es überhaupt ein Sandwich?

Aber den Kopf in den Sand zu stecken und alles beim Alten zu lassen, das ist doch zu einfach. Zurzeit haben wir ein Vorsorgesystem, das sich bewährt hat. Es ist aus vielen höchst engagierten Diskussionen entstanden, es funktioniert. Dennoch kann es dem demografischen Wandel der letzten zehn Jahre nicht mehr Stand halten. Es muss justiert werden.

Die Babyboomer gehen bald in Rente. Ohne Reform werden die Zahlen in der AHV noch tiefroter. Am Schluss muss jemand bezahlen. Die raue Kritik aus gewissen Kreisen ist verständlich: Je betroffener man ist, umso vehementer fordert man eine für sich persönlich bessere Lösung. Aber an einer solidarischen Lösung führt kein Weg vorbei. Wir müssen alle aufeinander zugehen, müssen an der eigenen Position Abstriche vornehmen.

Unter dem tiefgehängten Himmel stehen wir auf dem Esel auf dem Pilatus, im Tal scheint die Sonne. Ob es Bersets Worte sind, welche die Sonne scheinen lassen? Auch das ist nicht klar. Aber in unser Diskussion sind wir uns einig. Altersreform 2020. Da müssen wir wohl durch.

Und sowieso. Jetzt wollen wir uns im Kreise der vielen Asiaten aufwärmen, bevor es weiter geht: über das Tommlishorn bis zum Gämsmätteli. Die Nebelschwaden schleichen um unsere Köpfe und verwehren uns den Blick zum Abstieg über das Stränzeloch in die Unterlauelen. Auch hier müssen wir die Route anpassen, und wir entscheiden uns, den Weg über das Widderfeld einzuschlagen. Auch wenn das nicht unsere Wunschroute ist, eröffnet sie uns doch einen abwechslungsreichen Abstieg.

Gleich zum Einstieg begrüssen uns einige Steinböcke. Sie grasen in aller Ruhe, lassen uns an ihnen vorbei wandern, sie sind ein wunderbarer Anblick. Bis ins Tal ist es weit, ich spüre jede Stufe in den jetzt doch müden Beinen. Umso mehr erfreuen wir uns am Anblick der Alpwirtschaft Unterlauelen. Der erste Schluck Bier verwandelt all die Strapazen dieses Tages in Genuss.

Überwältigend sind der Empfang in der Gaststube und diese Gastfreundschaft. So lassen wir uns liebend gerne zu einem gemütlichen Abend nieder, geniessen die Älplermagronen, die Gemütlichkeit und den Schwatz mit Christoph und Marlene. Und dann, eine Überraschung von Andrea, geht es noch zum Bad in den Holzzuber. Ja, was für ein Tag, so vieles haben wir erlebt. Und jetzt fallen wir müde und zufrieden ins Bergheu, wo uns sicher ein genussvoller, erholsamer Schlaf gegönnt ist.