Etappe 12: Lutersee - Gummenalp


Treffpunkt und Zeit: 7.00 Uhr an der Talstation Rugisbalmbahn (Mettlen)

Route: Lutersee-Bocki-Widderfeld-Storegg-Charren-Gräfimattstand-Schellenflue-Gummenalp

Höhenmeter: 1300 aufwärts, 1150 abwärts
istanz: 14 km
Marschzeit: 6.5 Std
Schwierigkeit: T4 

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"I de erschte Hütte si mer inegsässe, i de zwöite Hüttä hei mir Nidlä gässe, i de dritte Hütte jo do isches gscheh... "

Das Lied "Uf de Alpe obe" könnte unseren heutigen Tag nicht besser beschreiben. Markus meint schon nach der Begrüssung, das werde wohl eine Beizentour.

Mit diesen munteren Gedanken startet es sich dann auch leicht. Wir gehen von der Luterseebahn über die Hüethütte zum Rossboden. Nun wird der Schritt langsamer, die Stimmen ruhiger und der Aufstieg durch den Rosswang erfordert erste Kraxeleien und Schweisstropfen. Beim Heuzingeli, angelehnt ans Kreuz, tauchen wir mit dem Blick ein in die Weite und Tiefe des Engelbergertals.

Gwundrig sind wir, und so zieht es uns weiter zum Bockihüttli und schon erklingt uns in Gedanken die Melodie "i de erschte Hütte..." Ja de Bocki-Roli und der Beat erwarten uns mit einem herrlich angerichteten Kafitisch. Mmmhh diese Erfrischung, die gönnen wir uns gerne. Das Bockihüttli stehe grundsätzlich allen offen, meint Roli. Und viele Wanderer treffen bei ihren Touren auf das Bockihüttli. Während die einen stumm des Weges ziehen, heben die anderen die Hand zum Gruss. Roli meint, wer bei uns grüsst, dem wird ein Kaffee angeboten, das ist die gegenseitige Höflichkeit in den Bergen, das hat schon Roman, mein Vater, so gelebt, und diese Tradition leben wir weiter.

Auch wenn es uns hier im Bocki noch so gemütlich ist, es wartet ein weiter Weg auf uns, und so ziehen wir bald weiter hoch zum Bocki-Rotisand. Beat begleitet uns ab jetzt auf dieser Etappe. Er ist es auch, der uns die vielen wunderschönen Enziane zeigt, welche die Alpmatten des Widderfelds zieren.

Auf dem Gipfel weht uns ein kühler Wind entgegen und die nächste Überraschung ist gelungen: Da stehen schon Werni, Josefa und Peter am Gipfelkreuz, sie empfangen uns mit einem feinen Sprinz-Orangenmost-Apéro. Unsere Bergsteigerkollegen haben sich extra für uns aufgemacht, sind hochgestiegen zum Widderfeld, um uns hier mit "der zweite Hütte..." zu begrüssen.

Mit dem Blick zum Gruebi hinunter und im freundlichen Gespräch mit den Kollegen steigen wir weiter über die schliffrigen Felsen und die fetten Alpendost-Matten bis zum Storegg. Dieser historisch bedeutsame Pass, der sogar in unsere Nidwaldnerhymne Einzug gehalten hat, lässt uns schon wieder vom Weg abkommen, denn "i de dritte Hitte isch mer ebbis gscheh..."

Margrit wandert schon seit heute Morgen mit uns, und ihre Eltern und ihr Bruder verbringen den Sommer auf der Denalp, die an unserem Weg liegt. Wenn auch auf Obwaldner Boden und leicht von der Grenze abgerückt, lassen wir uns gerne am vorbereiteten Tisch nieder. Bratchäs von der Denalp und Kartoffeln vom Waltersberg aus Margrits Garten, auch ein feiner Tropfen Weisswein, das passiert uns in der dritten Hütte. Und wir lassen es gerne passieren. Wir fühlen uns sehr willkommen bei Vreni und Hans und lange schütteln wir uns beim Verabschieden die Hände.

Diese heute erlebte Gastfreundschaft begleitet unsere Gespräche über das Lachehörnli und den Lachengrat. Doch manchmal verstummen die Gespräche, ist doch der Aufstieg steil und die Aussicht auf dem Grat dann fulminant.
Bald kommen wir an den Schlüsselpunkt unserer Wanderung. Gespannt haben die meisten von uns den Charren oder eben das Wagenleis erwartet und uns alle fasziniert der Übergang über die Wagenspuren, der dank der gelegten Seile zwar luftig ist, aber sicher.

Entlang der Lauchernalp spannt doch der eine oder andere Muskel langsam von der Anstrengung, und wir sehnen uns dem baldigen Ziel. Die im Volkslied besungenen drei Hütten ergänzen wir heute sogar noch mit einer "vierten Hütte". Im Gummenrestaurant kühlt das Malzgetränk unsere Gaumen und lässt uns verweilen, und dann verabschieden wir uns von einander. Margrit, Othmar, Yvonne und Beat pendeln mit den Wirzwelibähndli dem Tal entgegen, dafür gesellt sich nun noch Primus zu uns. Im Restaurant Waldegg im Wirzweli beziehen wir die Zimmer, sie sind entzückend hübsch, und geniessen bei einem währschaften, lecker zubereiteten Nachtessen die Gemütlichkeit. Einmal mehr erfahren wir eine herzliche Gastfreundschaft.

Über Stock und Stein und luftige Grate sind wir heute gewandert. Ein Gedanken hat mich stets begleitet. Diese ge- und erlebte Gastfreundschaft! Immer wieder hören und lesen wir: Dem Schweizer Tourismus mangle es an Gastfreundschaft. In der Tat, einige Mal hätte ich dies unterschreiben können. Aber heute bestimmt nicht. Dass die Gastfreundschaft im Tourismus ein Wettbewerbsfaktor ist, ist wohlbekannt. Gäste, die das Gefühl vermittelt bekommen, willkommen zu sein, sind zufriedener, bleiben länger, geben mehr Geld aus, kommen häufiger wieder und empfehlen den Ort weiter.

Warum Gastfreundschaft manchmal so schwierig ist, haben schon viele versucht herauszufinden. Geht man dem Begriff Gastfreundschaft genauer auf die Spur, entpuppen sich plötzlich zwei Gegensätze. Der Begriff "Gast" stammt von "Ghosti" ab und bedeutet "Fremdling, feindlicher Krieger". Demgegenüber steht die Freundschaft, was als Blutsverwandet oder Stammesgenosse gedeutet wird. So begegnen sich also das Fremde und das Verwandte.

Wie dieses Paradoxon überwunden werden kann, darüber könnte noch viel geschrieben werden. Doch bin ich, besonders nach dem heute Erlebten, überzeugt: Der abstrakte Begriff der Gastfreundschaft wird mit Leben erfüllt, wenn sich Menschen engagieren und einen persönlichen Beitrag leisten. Der Bocki-Roli, Vreni und Hans, Sepp und Brigitte und auch Herr und Frau Ineichen haben es uns heute vorgelebt. Der Begriff Gastfreundschaft ist mit Leben gefüllt worden, als ich den Satz hörte: "Ein einfaches Lächeln, eine natürliche Herzlichkeit und sich einfach freuen, dass ein Gast da ist, der Rest passiert in der Regel von alleine."