Sacco di Roma - Startanlass


Geschätzter Herr Landratspräsident
Geschätzter Herr Gardekommandant
Werte Landrätinnen und Landräte
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen aus dem Regierungsrat und Gemeinderat Oberdorf
Werte Ehrengäste und vor allem liebe ehemalige Gardisten
Liebe Gäste am heutigen Eröffnungsanlass Sacco di Roma 

«Är luegt i'd Röhre»
«Är het de Laufpass ubercho»; 
«Är dräyht de Spiess um»; 
«Är wirft d'Flinte is Korn»; 
«Är kämpft mit offenem Visier»; 
«Är grated is Hinterträffä» …

... wer kennt sie nicht, diese Redewendungen.


Eröffnungsfeier Sacco di Roma  18. September 2021, Landsgemeindeplatz Wil im Oberdorf NW

Beim Besuch der Ausstellung über das Söldnerwesen im Salzmagazin in Stans werden die Besuchenden mit diesen Redensarten empfangen. Auch heute noch kommen diese über unsere Lippen, doch können wir uns wohl nicht mehr an ihren kriegerischen Ursprung erinnern.

Die Quellen dieser Redensarten sind verschwommen und nur zu gerne verdrängen wir diese dunklen Seiten unserer Geschichte. Die Zeit der Dienste in fremden Armeen bedeuteten für die einen Krieg, Tod, Verwundung oder psychische Versehrtheit und grosses Unglück, für die anderen war es ein Geschäft, brachte Reichtum, Ansehen und Sicherheit durch Soldzahlungen. 

Anderthalb Millionen Schweizer dienten ausländischen Militärkräften. Unser Land war weltweit 400 Jahre lang der grösste Lieferant von Söldnern. Viele kamen nicht mehr nach Hause.

Stellen Sie sich vor: Auf dem Dorfplatz steht ein Tisch. Ein Landser (der Soldat) schlägt die Trommel; am Tisch sitzt der Anwerber, der Buch führt. Kantonsoberhäupter sind anwesend und beobachten das Geschehen. Junge Männer melden sich zum Söldnerdienst. Wer unterschreibt, erhält ein Handgeld – und einen Becher Wein.

Ab 1516 wurde die Anwerbung von Söldnern hoheitlich geregelt. Ausländische Streitmächte durften nur mit Erlaubnis der eidgenössischen Stände Söldner anheuern und bezahlten dafür sogenannte Pensionsgelder. Für Nidwalden, erklärt der Kurator der Ausstellung Jürg Spichtig, war das Militärunternehmertum während Jahrhunderten von grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung. Die Pensionsgelder füllten die Staatskasse. Gleichzeitig waren die Pensionsbezahlungen oft umstritten, weil vor allem die politisch führenden Familien davon profitierten. Es kamen aber auch einfache Landmänner in die Gunst der Pension. Auch wenn sie selbst nicht als Söldner auszogen, erhielten sie dank der Teilnahme an der Landsgemeinde Gelder aus den Pensionen. 

Für wenige war der Solddienst Abenteuerlust, für die meisten aber war es eine Flucht aus der Armut. Zu Hause fanden sie keine Arbeit und kein Einkommen. Der Hof konnte nicht alle ernähren. So schickten viele Familien einen oder zwei ihrer Söhne in den Kriegsdienst im Ausland. Vor allem ärmere Bergregionen waren ein «Reservoir» für Reisläufer. Doch viele ahnten nicht, was ihnen bevorstand: wochenlange Fussmärsche, Entbehrungen und grausame, brutale Schlachten.

Auch zahlreiche Nidwaldner leisteten fremde Dienste. Vor allem für italienische Fürstentümer wie Mailand, Neapel oder den Vatikan. Darunter sind Persönlichkeiten wie der Eremit Konrad Scheuber, ein Enkel des Niklaus von Flüe, oder Melchior Lussy, der heute als wichtiger Vertreter der katholischen Reform im 16. Jahrhundert gilt. Oder Franz Aloys Wyrsch, Kaspar Jann, Josef Traxler, um nur ein paar Namen stellvertretend für viele Weitere zu nennen.

Im 17. Jahrhundert waren bis zu 30 Prozent der erwachsenen Eidgenossen im Ausland als Söldner tätig.

Söldner waren im Grunde Wirtschaftsflüchtlinge. Sie suchten im Ausland nach einer ökonomischen Grundlage, nach einem Auskommen, nach einer Perspektive. Die Hoffnung auf ein anderes Leben zerschlug sich aber meistens. Nur wenige schafften es zum Reichtum. Die soziale Realität der Söldner war meist dramatisch: sie kehrten arm, kriegsversehrt in die Schweiz zurück und trafen auf ihre verwaisten und ebenfalls verarmten Familien.

Die Not der Söldner und die dramatischen sozialen Auswirkungen des Söldnertums wurde zunehmend erkannt. Ab dem 18. Jahrhundert setzte ein Umdenken ein; es gab Bestrebungen, das Söldnertum zu verbieten. Die Durchsetzung des Verbots fiel umso leichter, als sich mit der zunehmenden Industrialisierung neue Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt auftaten.

Heute stehen wir hier auf dem Härdplättli und ehren die Schweizer Garde und anerkennen das Schicksal der eidgenössischen Söldner. Heute sind wir uns bewusst, dass die Zeit des Söldnersystems nicht in erster Linie Heldentum hervorbrachte, nein, die Söldnerdienste für ausländische Armeen sind als komplexes soziales und wirtschaftliches Phänomen zu betrachten und haben Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur der Eidgenossenschaft beeinflusst.

Das Söldnersystem war eine Form der Migration und eine Art Vorläufer der Aus- und Einwanderungsbewegungen des 19. Jahrhunderts und der modernen Zeit.

Migrationsbewegungen bringen auch einen kulturellen Austausch. So auch das Söldnertum. Vieles in unserem Alltag zeugt davon. So zum Beispiel das sogenannte «Fazanettli»; es waren unsere Söldner, die das «Fazanettli» nach Nidwalden brachten. Manch ein Nidwaldner erinnert sich beim Schnupf wohl nicht mehr daran, dass eben das rot/weisse Tuch von Söldnern über den Surenen den Weg in die Twilchosen der heutigen Älper gefunden hat.

Oder sogar die Mode, wenn die Mannen, welche den Weg zum Reichtum geschafft hatten, in der neuesten italienischen Mode und in den feinsten Stoffen gekleidet aus dem Dienst nach Hause kamen. Sie können sich die argwöhnischen und belustigenden Blicke der Daheimgebliebenen vorstellen, wenn diese Gecken durch die Dörfer spazierten. Den Hochmut bereitete nicht nur Freude. Doch die italienische Mode bildeten in der Folge die Inspiration für unsere schöne Nidwaldner Sonntagstracht.

Und wenn wir unsere Nachbarn mit dem Lehnwort «Tschifeler» necken, liegt der Ursprung des Namens dieses Rückentragkorbes nicht bei den Obwaldnern. Nein, das Wort Tschiffere kommt aus der Söldnerzeit und hat die Wurzeln in der Lombardei. Es stammt von «civéra», was auch im Lombardischen «Tragkorb» bedeutet.

Auch in architektonischer Hinsicht hinterliess das Söldnertum seine Spuren.

Gerne lade ich euch auch ein, bei der nächsten Durchfahrt vor dem Winkelriedhaus einen Blick auf die Bogenlauben zu werfen. Wer glaubt, dass sei einheimische Baukunst, der irrt sich. Ritter Melchior Lussi, wohl der bedeutendste Söldner Nidwaldens, bestellte eigenhändig italienische Bauleute nach Nidwalden und liess die typisch italienische Architektur an das heute historische Gebäude bringen, um seine Erinnerungen an Italien verewigen zu können. 

Ja, die Zeiten des schweizerischen Söldnertums wirken bis heute – teilweise ganz subtil – in unseren Alltag, in unsere Sprache und unsere Bräuche ein.

In kultureller Hinsicht hat das Sölderwesen Verbindungen in andere Welten geschaffen. Dies wollen wir weiter pflegen und können wir auch von unserer letzten existierenden Söldnertruppe, der Schweizer Garde, mitnehmen. 

In wirtschaftlicher Hinsicht hat die Eidgenossenschaft vom Söldnertum letztlich enorm profitiert. 

Umso mehr sollten wir uns auch immer wieder demütig auf die schwierigen Umstände besinnen, welche den fremden Kriegsdienst für viele Männer damals als einzige Hoffnung erscheinen liess, wirtschaftlich zu überleben. 

Ihnen gedenken wir heute und sind dankbar, in Freiheit, Wohlstand und Sicherheit in unserer schönen Heimat leben zu dürfen.

Darum 

«Luege miär nid i'd Röhre»;
«uberchemid miär nid de Laufpass»; 
«dräyht sie nid de Spiess um»;  
«wirft sie nid d'Flinte is Korn»
und 
«grated miär nid is Hinterträffä»

Nutzen wir unser Stärken und unsere Geschichte, seien wir weltoffen, neugierig und abenteuerlustig und seien wir Botschafter und Botschafterinnen unseres Landes, unseres Kantons, unserer Kultur und verbinden damit Menschen für ein friedvolles Zusammenleben, um den Wohlstand und die Sicherheit von uns allen auch in Zukunft zu sichern. 

Willkommen zur Reise nach Rom, willkommen zum Sacco di Roma

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